Mein erstes Erdbeben, abgebrochene Zähne und Reisen nach Bolivien!!!!
März 9th, 2011Buenas noches
Möchte mich mal wieder melden. Die letzten Tage haben sich viele Dinge ereignet an denen ich euch teilhaben lassen möchte.
Zu aller erst. Ich bin wieder gesund. Bei einer Untersuchung hat man Amöben und Flagellaten als ausschlaggebende Krankheitserreger gefunden. Ich wurde mit Antibiotika behandelt und fühle mich seit dem sehr viel besser. Hab die letzte Woche allerdings nur in sicheren Lokalen gegessen und Straßenfood vermieden. Werde in Zukunft auf jeden Fall in dieser Hinsicht viel besser aufpassen.
Durch meine Antibiotikanascherei ist mein Pilz jetzt jedoch rießig groß geworden, aber ich hab eine stärkere Salbe in der Apotheke gekauft und mir vorgenommen, dir restliche Zeit hier in Lateinamerika gesund zu bleiben und auch meinen Pilz Carlos los zu werden !
Morgen gehts dann mit dem Bus nach Puno am Titikakasee in Peru wo ich eine Nacht bleibe und dann am Freitag weiter nach Bolivien fahren werde. In Bolivien ist vor allem erst mal abhängen und entspannen angesagt und natürlich REGENWALD und AMAZONAS. Darauf freue mich schon sehr. Was ich jetzt aber wirklich genau alles machen werde, weiß ich jetzt auch noch nicht, ich lass es einfach auf mich zu kommen.
Die Fahrt nach Bolivien stand allerdings nicht unbedingt unter dem Zeichen eines guten Sterns. Gestern ist mir meine Füllung aus dem Zahn gebrochen. DER ABSOLUTE HORROR FÜR MICH! Ich hasse es zum Zahnarzt zu gehen, bin da ein furchtbarer Schisser und möchte das vor allem in einem Land wie Peru vermeiden. Allerdings hab ich mich im Internet informiert und bei einer ausgefallen Füllung sollte man doch so schnell wie möglich zum ZA gehen. Ja ich bleib wohl vor nichts verschohnt und musste mir jetzt hier einen Zahnarzt organisieren. Zu meinem großen Glück war Hanny die eine Schwedin hier, schon einmal bei einem gutem Zahnarzt in Arequipa gewesen und hat mich in der Hinsicht stark beruhigt. Hat mir eine Privatklinik empfohlen wo ich dann gleich angerufen habe und einen Termin ausgemacht habe (ihr könnt euch vorstellen das es vielleicht gar nicht so einfach ist auf spanisch zu erklären das eine Zahnfüllung ausgefallen ist, ich hab es aber geschafft!) Hanny ist dann auch mit mir mitgegangen da ich wirklich schreckliche Angst hatte! Für umgerechnet 30 Euro habe ich jetzt eine moderne neue Keramikfüllung und es hat fast gar nicht weh getan. Angenehm bei einem Zahnarzt in Peru ist auch der Tv an der Decke, der ungemein vor dem scheußlichen Geräusch des Bohrers ablenkt. Nun gut, jetzt ist alles wieder soweit in Ordnung. Gute Zähne, funktionierender Magen-Darm-Trakt, Bolivien ich komme.
Eine andere Geschichte an der ich euch noch teilaben lassen möchte, ist das Erdbeben das sich hier vergangen Sonntag ereignet hatte. Das Hauptbeben war in Chile und wer war da gerade zum rechten Zeitpunkt. Die Hanny ;-)! War wohl noch um einiges stärker und sie meinte sie hat sich gerade noch nen Lagen umwerfen können und ist schreiend aus dem Hotel gerannt. Hier wars wohl nicht so tragisch nach den Erfahrungswerten der Einwohner zu urteilen. Hier hatte es ne Stärke von 4,0 in Chile 6,2. Eigentlich hatte ich überhaupt keine Angst, zuerst fand ichs witzig und hab mir gedacht, hey mein Bett vibriert, aber als dann alles umgefallen ist hab ich mir schon gedacht Hopla, vielleicht solltest du lieber raus gehen. Aber dann hats ja gleich aufgehört. Ich glaub da ich sowas einfach nicht gewohnt bin und da nicht für sensibilisiert bin, reagiere ich vielleicht auch zu langsam. Werd jetzt immer nur noch mit Hose schlafen und beim ersten Anzeichen ins freie stürmen. Gibt aber überall Erdbebensichere Zonen. Auch hier im Hogar.
Gestern sahsen wir in einer kleinen Hütte auf dem Dach, da ist nämlich jetzt die Hanny eingezogen. Plötzlich hat dann die ganze Wand wie verrückt gewackelt. Marite hat sofort angefangen zu kreischen und ERDBEBEN alles raus. Dann ist ein lachender Dario ins Zimmer gekommen. Der hat sich draußen versteckt und hat dann an der Hütte gerüttelt ! War witzig, aber wenn man mit anderen Leuten zusammen ist und dann plötzlich jemand so das schreien anfängt, da wird’s einem dann doch anders. Naja Scherz gemacht, habens überlebt.
Ihr seht also mein Leben hier bleibt aufregend und spannend. Von Fieber gebeutelt und in die Halluzination gestürzt, von Pilzen geplagt, von Erdbeben durchgeschüttelt und von peruanischen Zahnärzten gebohrt. Ich bin ein Teufelskerl und lass mir den Spaß an meinem Aufenthalt in Südamerika nicht nehmen. Jetzt hoffe ich aber doch auf eine wunderschöne Reise in den Amazonasregenwald. Auf eine Zeit ohne Krankheit und weitere Katastrophen und auf viele glückliche Stunden. Die letzte Zeit hat mich doch etwas ausgelaugt und ich denke ich hab mir meinen 1monatige Urlaub wirklich verdient !
Ich wünsch euch alles Liebe
Haltet die Ohren steif
Jens
Tag der Optik und mal wieder krank!!!!
Februar 26th, 2011Hallo ihr Lieben
Es gibt mal wieder Neuigkeiten aus Südamerika. Zunächst einmal die schlechten News. Ich war mal wieder krank. Hatte von Dienstag auf Mittwochnacht schlimmen Durchfall bekommen und mich dementsprechend sehr schlecht gefühlt. Hinzu kam, dass die Hauptwasserleitung geplatzt war und ich in dieser Nacht kein Spülwasser hatte. Ihr könnt euch also vorstellen wie meine Toilette aussah! Ich sag dazu nur Tschernobyl!!!! Mittwoch hatten wir dann einen besonderen Projekttag. Es kam ein Team Optiker aus Schweden in das Hogar und es wurde eine Veranstaltung für arme Menschen gemacht um ihre Augen zu testen und sie mit gespendeten Brillen zu versorgen (davon werde ich später noch Näheres erzählen).
Zunächst einmal hab dann also den ganzen Mittwoch gearbeitet und mich schon die ganze Zeit sehr schlecht gefühlt. Das Projekt war aber so toll und der Umgang mit den Menschen hat mir so Spaß gemacht, dass ich auf jeden Fall helfen wollte. Gegen Nachmittag ging es dann aber nicht mehr und ich musste ins Bett. Hab dann auch schon gleich wieder Fieber bekommen und zu einem höllischen Durchfall gesellte sich eine schreckliche Übelkeit plus anschließender Kotzerei. Am Abend hatte ich Fieberspitzen von über 41 Grad und lag alleine in meinem Zimmer, es war kein anderer Mensch mehr im Hogar. Ich denke, dass ich sogar etwas halluziniert habe und mit solch hohen Fieber kann man nicht mehr spaßen. Ich konnte mich kaum bewegen wurde von heftigen Darmkoliken gequält und wollte eigentlich nur noch sterben. Ich glaube so schlimm hat es mich noch nie erwischt. Hab dann versucht mit ein paar jämmerlichen Paracetamol das Fieber zu drücken, aber meistens hab ich die Tabletten sowieso gleich wieder ausgekotzt. Konnte dann unter Mühe ein Handtuch nass machen um mir selbst Wadenwickel zu verabreichen. Das Fieber ist dann „Gott sei Dank“ auf 39 Grad gefallen. An Schlaf war aber nicht zu denken und so wurde jede 30 Minuten gekotzt und gesch.... Ich war wirklich am ENDE!!! Sofie die Schwedin war zu einem Ausflug in den Colca Canyon gefahren und ich hatte wirklich Angst, dass Bewusstsein zu verlieren und am nächsten Morgen tot in meinem Zimmer gefunden zu werden.
Mittlerweile geht es mir aber wieder gut. Ich werde die kommenden Tage in ein Labor gehen, Stuhlproben abgeben und mir Blut abnehmen lassen. Ich hatte jetzt nahe zu jede 2te Woche hohes Fieber und langsam zehrt das alles an meinen Reserven und ich hab auch irgendwie keinen Bock mehr. Wir sind der Meinung, dass ich wahrscheinlich einen Parasit habe und dass das immer wieder kehrende Fieber plus Durchfälle damit zu tun haben könnte. In 2 Wochen bin ich für einen Monat in Bolivien und Bolivien ist nun wirklich kein Land in dem man solch eine Krankheit gebrauchen kann. Bis dahin möchte ich geklärt haben was nicht mit mir stimmt.
Nun aber zum Projekt. Es waren glaube ich insgesamt 10 schwedische Optiker die in ihrem Urlaub hierher nach Peru gekommen sind um armen Leuten einen kostenlosen Sehtest anzubieten und mit gesammelten alten Brillen, diejenigen zu versorgen die diese nötig haben. Das Projekt heißt im übrigen „Vision for all“. Da nicht alle Optiker Spanisch konnten, habe ich die Befragungen der „Patienten“ durchgeführt, die Tests den Leuten erklärt und als Übersetzer geholfen. Jeder musste 5 Soles (3,8 Soles sind ein Euro) für den Test plus anschließende Brille zahlen. Ich denke der Preis war mehr als fair und unterstützt nur im Kleinen den persönlich getragenen Betrag, denn die schwedischen Optiker in dieses Projekt gesteckt haben. Alles in allem (wäre da nicht diese verfluchte Krankheit gewesen) war es eine sehr anstrengende aber sehr schöne Arbeit. Vor allem der Kontakt zu den meist älteren Menschen hat mir sehr gut getan und ganz ehrlich, ich vermisse meine alten Leute im Krankhaus und nach 4 Monaten Arbeit mit Kindern, bin ich mir sicher, dass ich definitiv nicht mein Leben lang mit Kindern arbeiten möchte ;-)!
Wir konnten ganz vielen Leuten helfen (auf einem der Fotos ist zu sehen, dass die Schlange der Menschen bis weit außerhalb des Gebäudes zu sehen war und wir haben glaube ich an die 300 Brillen vergeben können) und die glücklichen Gesichter mit den neuen Brillen haben mich immer wieder sehr gefreut. Es ist schon Wahnsinn wie viel Gutes man mit ganz kleinen Mitteln tun kann. Diese Menschen leiden teilweise seit Jahren unter ihren Sehschwächen, haben aber weder Geld noch Zeit zu einem Arzt oder Optiker zu gehen. Nach anschließender Diagnose, könnte sich hier auch niemand eine Brille leisten. Mit nur 5 Soles konnte hier unglaublich viel erreicht werden.
Es gab aber auch Menschen die schon nahezu blind waren oder schwere Krankheiten des Auges hatten, für die wir nichts tun konnten und für die ich hoffe, dass sie vielleicht doch die nötigen Mittel aufbringen können, einen Arzt aufzusuchen. In solchen Fällen merkt man erst mal wieder, wie reich wir doch mit Krankenversicherungen, Arbeitslosengeld und Sozialstaat beschenkt sind.
Ich befinde mich mittlerweile auf dem Weg der Besserung und hoffe, dass ich die nächste Zeit einmal etwas gesund bleiben und vielleicht wieder etwas Gewicht zulegen kann. Ganz ehrlich, mittlerweile habe ich kaum mehr Fett, nur noch Haut und könnte ein paar Reserven vertragen.
Ich wünsch euch was
Nina ALLES LIEBE ZUM GEBURTSTAG
Jens
Mollendo und der Strand einmal anders!!!!
Februar 21st, 2011Hallo ihr Lieben
Ich komme gerade von einem fantastischen Wochenende gut erholt zurück. In den letzten Wochen ist Lotta, eine etwa 60jährige Schwedin im Hogar eingetroffen, mit einem schier unglaublichen Erfahrungsschatz was Reisen und Arbeiten in der dritten Welt anbelangt. Lotta ist glaube ich eine Althippie mega durchgeknallt, lustig und ich glaube auch etwas ADHS-positiv. Ich verstehe mich fantastisch mit ihr.
Nachdem sie über 3 Jahre lang in brasilianischen Favelas gearbeitet hat, neben Spanisch, Portugisiesch und Englisch auch Deutsch und etwas Niederländisch spricht, ist sie einige Jahre durch die Welt getourt und hat vor allem in Mittel- und Südamerika in Projekten für Arme gearbeitet. Unter anderem ist sie wärend ihrer Reisen auch mit einem Schiff von Belén (dem Mündungsgebiet des Amazonas ins Meer) 6 Tage den Amazonas durch den Dschungel bis nach Peru hinaufgefahren. Unterhaltungen mit ihr befruchten mich sehr und meine Gehirnwindungen blitzen und sprühen vor neuen Ideen, vor allem hat sie meine Begeisterung für Brasilien erweckt (naja mal sehen, was sich da dieses Jahr noch machen lässt !).
Auf jeden Fall hat uns dieses blonde Energiebündel allesamt zu einem Wochenende am STrand in Mollendo eingeladen (der Ort an dem ich die Horrorgeschichten mit den Kindern erlebt habe). Sie hat für die Busfahrt und für ein gutes Hotel gezahlt und so sind Sofie (die neue Voluntaria mit der ich leider noch gar nicht warm geworden bin), Rosa, ihre Nichte Ana, Ines (die Leiterin des Projekt Nina Maria) und ich zum Strand gefahren.
Nach den regenreichen letzten Tagen in Arequipa hat das sonnig, heiße Klima wunderbar getan, auch wenn der Strand mega überlaufen war, ich war glücklich etwas in der warmen Sonne zu liegen. Außerdem hat mir der Fisch und die Gerichte aus fangfrischen Meeresfrüchten einen richtigen Positvkick gegeben und ich bin gut gelaunt in ein sonniges Wochenende gestartet !
Eigentlich waren wir den Großteil nur herumgelegen und haben gegessen oder Eis geschleckt. Lotta hatte sich einige Tage zuvor leider nicht sehr gut gefühlt und da in Peru alle Krankheiten mit hochdosierten Antibiotika und Immunspritzen niedergekämpft werden, war sie auch einen Tag zuvor im Krankenhaus gewesen und hat sich eine Spritze geben lassen. Die Injektion bestand aus einem Kombipräperat das in den Po intramuskulär gespritzt werden muss und so hatte sie die zweite Injektion gleich in der Reisetasche mit dabei und ich wurde (als "erfahrener" Krankenpfleger) gefragt, ob ich ihr die Spritze denn nicht geben kann. Dazu sollte man wissen, dass eine Spritze in den Muskel nicht gerade das einfachste ist, und man den Muskel kompliziert ausmessen muss um keinen Nerv zu treffen. Aber nun gut, wir sind in Peru wir sind verrückt, also habe ich in einem Hotelzimmer Antibiotika aufgezogen und hab einen Schwedischen Popo gespritzt. Patient hat überlebt und mir versichert fast nichts gemerkt zu haben !
Am Abend sind wir wieder die Strandpromenade entlangetingelt wie damals mit den Kindern auch, was mir schrecklich in Erinnerung geblieben ist. Diesmal jedoch ganz entspannt und gut gelaunt. Selbst die gleiche Homosexuelle Pipshow wurde am Strand abgehalten und ich wurde sogar gegen meinen Willen unter mächtigen Gelächter in die Show mit einbezogen und da mein Spanisch mitlerweile sehr viel besser ist und es mir nur noch wenig Mühe bereitet alles zu verstehen bzw. mich zu äußern konnte ich mich auch unter den Augen zahlreicher Peruaner gut in diesem Kabarett behaupten ! Trotzdem, ich mag es einfach nicht auf eine Bühne gezogen zu werden.
Nachdem sich Lotta und ich dann ausgezeichnet über Musik, Hippies und Drogen unterhalten hatten und wir beide unsere Liebe für eine bestimmte Jamaikanische Musikart entdeckt hatten (Lotta hatte sogar in einer Reggaeband gespielt, wie cool ist das denn?). Ist der Abend auch wunderbar ausgeklungen.
Der nächste Tag war ähnlich faul als der Tag zu vor und gut gelaunt und entspannt sind wir abends dann wieder nach hause gefahren. Ihr seht also, mir geht es gut und ich glaub nach den reichlichen Fischgerichten, habe ich auch wieder etwas zu genommen !
Leider wurden die schönen Erlebnise dieses Wochenendes auch von einem traurigen Ereignis überschattet. Mein Opa ist nämlich vergangene Woche gestorben und manchmal fällt es mir schon schwer, jetzt nicht bei meiner Familie zu sein. Aber dank günstiger Ferngespräche kann ich regelmäßig Kontakt zu meiner Oma halten, was mir sehr gut tut. Nun gut, so ist das Leben, damit habe ich rechnen müssen.
So ich wünsch euch jetzt noch was
Liebste Grüße aus den Anden
Jens
Der Slum und das Wasser!!!
Februar 11th, 2011Buenas tardes
Wer meinen Artikel "Die Armut und das Glück" gelesen hat, der hat ja schon einen ersten Überblick über die Armut und die Zustände der Slums in denen die Kinder wohnen.
Heute Morgen kam ein aufgeregter Franco in das Hogar, hat sich schnell geduscht und mir mitgeteilt, dass er unbedingt wieder nach Hause muss, da der sinnflutartige Regen der letzten Tage, Teile seines Zuhause zerstört hat und er zu Hause helfen muss. Da ich weiß dass er einer, der ärmsten Jugendlichen hier im Hogar ist, konnte das nichts Gutes bedeuten.
Schon des Längeren wollte Rosa mich zu seinem Haus mitnehmen und mir die Umstände zeigen unter denen der 17jährige lebt. Franco ist ein Jugendlicher zu dem ich einen besonders guten Draht habe, manchmal kommt er mich sonntags besuchen und wir machen zusammen Yoga.
Franco hat wie die meisten Kinder hier, keinen Vater. Er lebt zusammen mit einer alkoholkranken Großmutter, seiner Schwester, seiner schwer depressiven Mutter und noch ein paar weiteren Kleinkindern die ich nicht zuordnen konnte. Seine Mutter so wie seine Großmutter sind so gut wie arbeitsunfähig und so arbeitet der 17jährige jeden Tag auf einem Markt und schleppt dort schwere Säcke von Verkaufsstand zu Verkaufsstand. Meistens schläft er nur 5 Stunden, durch den Regen und die Feuchtigkeit auch mal weniger. Zu arbeiten beginnt er normalerweise um 3 Uhr morgens.
Nachdem wir uns zusammen mal wieder in eines der Colectivos gequetscht hatten, ging die Fahrt auch schon los. In einem Bus der Größe eines VW-Busses (auf einem der Bilder zu sehen) wurden schätzungsweise 60 Menschen gequetscht. Über holprige Wege ging es dann mal wieder gut eine Stunde hinauf in die Viertel der Armen. Da ich Mütter mit Babys den Vorrang beim sitzen gewährt habe, stand ich als Rießengringo mit schrägen Hals im Bus und jedes Schlagloch musste von meinem Kopf am Dach des Busses abgefedert werden. Nachdem ich der engen, fahrenden Sauna dann endlich entkommen konnte, waren wir angelangt in einem der größten Slums Arequipa.
Der Regen der letzten Tage hat schwere Schäden hinterlassen. Weggespülte Häuser, Straßen und große Erdrutsche, prägten das Bild einer heruntergekommenen Ortschaft mit provisorisch, errichteten Häusern die teilweise nur aus Fetzen bestehen. Und wieder sind es die Ärmsten, die unter der Gewalt der Natur am meisten zu leiden haben. Der starke Regen der letzten Tage, wurde mir erklärt, hat etwas mit den Phänomen La Niña (nicht El Niño) zu tun und war bzw. ist unnatürlich heftig.
Die Höhe in der die Menschen leben, wird sofort bemerkt und so sehe ich, schmutzige Kinder die Barfuß bei 10 Grad mit verfilzten Hunden im Dreck spielen und passiv in die Leere starrende Großeltern, die schon lange nicht mehr arbeiten können, aber trotzdem jeden Tag auf die Straßen gehen um ihr eigenes ärmliches Leben und das ihrer Kinder zu sichern.
Nachdem wir auf einem schlammigen "Weg" entlang klettern um das Haus von Franco erreichen, stelle ich mir vor, wie es für mich wäre, wenn ich hier leben müsste. Ein Leben unter diesen Umständen kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Die Zerstörung des Wassers und die bittere Armut der Menschen, sind hier besonders erschreckend und es fällt schwer der Sache, offen zu begegnen.
Aber nun gut, ihr kennt mich, ich bin ein humorvoller, offener Mensch und die Gespräche mit Rosa tun mir sehr gut. Ihre Kenntnis über die Armut und die Situation der Menschen hier, ist mir immer wieder ein Geschenk. So erfahre ich viele Dinge über das Leben hier im Slum und durch ihre humorvolle Art, sind wir auch schon bald heftig am kichern, während wir über Hundekacke, Löcher und weggeschwemmte Straßen klettern.
Als wir endlich den Dreckberg bestiegen haben, auf dessen Gipfel die "Residenz" Francos trohnt, werden wir auch schon alsbald von riesigen, kläffenden Hunden und schmutzigen Kindern begrüßt. Ein altes, wettergegerbtes Fräulein mit einem Zahnlosen Mund voll Coca blättern begrüßt und lachend und sichtlich betrunken an einer schäbigen Tür. Die Hemmungen sind schnell überwunden und Berührungsängste darf man bei einem Besuch in einem Slum sowieso nicht haben. So werde ich bald von schmutzigen Händen und Gesichtern geherzt und betrete das stinkende Domizil. Die Situation ist niederschmetternd und mir fehlen im ersten Moment die Worte. Hier leben 7 Menschen im Dreck, in "Behausungen" mit schlammigem Boden und schlafen zusammen auf nassen, schmutzigen Betten. Ermunternd sind nur die zahlreichen, Babyhunde die um mich herumspringen und eine unglaublich betrunken Großmutter. Aber wer will ihr das schon verübeln, würde ich unter diesen Umständen leben, würde ich glaube ich auch trinken, oder GANZ GANZ viel Gras rauchen , um die Situation nur einigermaßen erträglich zu finden.
Die Kälte scheint die leicht bekleideten Kinder nicht zu stören und ich sehe sie im kalten, Dreckwasser in kaputten Autoreifen und verbeulten Wannen spielen. Freizeit für Kinder in einem Slum sieht anders aus, als gepflegte Spielplätze in Deutschland.
Franco ist nicht zu Hause, er besorgt Dinge um das Dach dicht zu bekommen und am Horizont ziehen schon wieder, schwarze Wolken auf. Es ist unfassbar was der 17jährige hier leisten muss. Er ist es, der das "Haus" repariert, Geld verdient und sich um die kleinen Kinder kümmert. Die Oma ist zu oft, zu betrunken, die Mutter ist so schwer Depressiv, das sie kaum spricht. Willkommen in der Realität eines anderen Kontinents, willkommen in einem Slum in Peru.
Nachdem die Omi etwas mit uns durch den Dreck getanzt hat, verabschieden wir uns und klettern den Berg aus Müll und Morast hinab um wieder ein Colectivo zu finden, das uns in die "saubere" Stadt bringt. Weg von der Armut, weg von der Kälte und dem Schmutz.
Die Situation, welche ich hier erleben durfte, ist glaub ich die Spitze, an Armut die ich bisher hier erleben durfte. Eine bittere Armut die zum Verzweifeln einlädt.
Trotzdem ich bin wieder glücklich, liebe es mit den Einheimischen zusammen in einen Minibus gestopft zu werden. Liebe es Spanisch zu plaudern und mich für Dinge zu öffnen und sie zu sehen, die für andere Europäer verwehrt bleiben.
Ich hoffe es geht euch gut
Liebste Grüße aus dem Siff
Jens
Estoy infermo! Ich bin krank!
Februar 6th, 2011Hola ihr Lieben in Deutschland
Die schreckliche Woche ist jetzt fast geschafft und ich befinde mich auf dem Weg der Besserung, denn ich war SCHWER KRANK! Angefangen hatte alles am Montag am Flughafen, hier haben wir fast über 2 Stunden im Regen und Wind auf die neue Voluntaria aus Schweden gewartet. Am Abend war mir dann schon komisch und ich habe mir gedacht, oh oh, wenn ich da mal kein Fieber bekomme. Bin noch schnell einkaufen gegangen um mich mit Getränken und Fertigsuppen einzudecken, sollte ich wirklich krank werden.
Über nacht habe ich dann gleich auf über 40 Grad aufgefiebert und schreckliche Halsschmerzen bekommen. JEtzt mögt ihr vielleicht einwenden, dass Halsschmerzen sicherlich nicht angenehm aber lange kein Grund dafür sind im Bett zu bleiben. NEIN, ich hätte fast geheult. DAs waren so starke Schmerzen die mich zusammen mit Fieberkrämpfen davon abgehalten haben auch nur eine Stunde durchzuschlafen. Ich war am Ende. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass es sich dabei um Pfeiffrisches Drüsenfieber gehandelt hatte. Denn als ich das letzte mal so schwer mit Halsschmerzen und Fieber krank im Bett gelegen war, war es das gewesen.
Am nächsten Tag ging es mir immer noch sehr sehr schlecht, auch wenn das Fieber wieder etwas abgeflaut war, arbeiten konnte ich definitiv nicht.
Da sich leider herausgestellt hat, dass die neue Volunataria weder Spanisch spricht noch etwas versteht und von der Persönlichkeit her sehr zurückgezogen, schüchtern und wenig extrovertiert ist, hab ich mir darüber natürlich Sorgen gemacht und wollte ihr mit den Kindern helfen, da an diesem Morgen irgendwie keiner der Educadores erschienen ist !
NAch na halben Stunde musste ich aber wieder zurück ins Bett weil es mir einfach zu schlecht ging. Die Neue hat also ihre Feuertaufe bestanden.
Nachdem sich dann langsam herumgesprochen hatte das ich krank bin und Rosa und Marite langsam eingetrudelt sind, wurde sich auch gleich rührend um mich gekümmert. Die beiden waren wie Mamas.
Haben mir extra Sachen gekocht, für mich eingekauft und immer nach mir gesehen wie es mir geht.
Der Zustand hat sich dann zwei weitere Tage so dahingezogen. Schreckliche Schmerzen, immer widerkehrendes hohes Fieber, bis die beiden meinten, okay so gehts nicht weiter wir gehn jetzt ins Krankenhaus damit du eine Injektion bekommst.
Da ich der Meinung bin lieber etwas abzuwarten bevor man in einem fremden Land sich irgend etwas spritzen lässt, war ich da nicht so begeistert. DAzu muss man wissen, wenn in Peru jemand krank ist, geht er zum Arzt, lässt sich hochdosierte Antibiotika spritzen und am nächsten Tag ists wieder gut. Überhaupt wird hier schnell und übereilt mit Antibiotika gearbeitet (meiner Meinung nach).
Gut Spritze wollte ich nicht, aber das es mit dem Zustand so nicht weiter gehen kann, war mir dann auch klar, ich war wirklich am Ende. WAr also dann schon bereit mit ins Krankenhaus zum Arzt zu gehen, da kam Rosa dann plötzlich mit ein paar magischen Pillen. Waren Antibiotika, Immunstimulanzia und Schmerzmittel. Gut hab ich mir gedacht, nimm sie einfach.
Nachdem ich einen Tag lang high im Bett gelgen war und eigentlich gut gelaunt war, ging es dann auch wirklich von einem Mal viel besser mit der Krankheit. Ich denke schon das es ziemlich heftige Tabletten waren, die man hier ohne Arzt einfach in der Apotheke kaufen kann, aber seit Freitag befinde ich mich definitiv auf dem Weg der Besserung und heute merke ich kaum mehr etwas von den Halsschmerzen und fühle mich "relativ" fitt.
Leider habe ich durch die Tabletten und Antibiotika "Flitze-Kacke" bekommen, aber naja gut, sowas ist man in einem fremden Land gewöhnt und weiss damit umzugehen !
Außerdem ist mein verschwundener Freund "Carlos der Hautpilz" super schnell wieder da gewesen und jetzt größer als eh und je. Aber ich denke einfach mal, sobald ich das Antibiotika nicht mehr nehmen muss, wird sich das mit der Salbe dann hoffentlich auch wieder erledigt haben.
Da die Halsschmerzen jetzt weg sind, habe ich aber einen Husten entwickelt. Naja aber komm, was ist schon ein Husten gegen 40 Grad Fieber und Schmerzen bei denen man heulen könnte?
Alles in allem geht es mir also wieder gut. Allerdings wollte ich zum Zeitpunkt als ich so krank war wirklich einfach nur heim. Ich hatte keinen Bock mehr. Lag allein und schweißgebadet in einem fremden Land. Alles hat gestunken, es gibt keine Waschmaschine, zum mit der Hand waschen war ich zu schwach, alles war dreckig und wenn man krank ist, schmeckt die Griesknödelsuppe der Mama halt doch am Besten. War wirklich nicht schön die Erfahrung. Aber naja, das ist jetzt auch wieder eine Lebenserfahrung die ich in meinem reichen Schatz an Anekdoten zum Besten geben kann.
Ich hoffe es geht euch gut
Gesundheit euch allen
LG
Jens