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Die Armut und das Glück
Es ist eng und voll, die mit Schweiß und Abgasen geschwängerte Luft zieht sich zäh durch die Nase und das vorbei ziehende Land ist trocken, schmutzig und öd. Dennoch ich bin glücklich, aus den Lautsprechen lärmt, blecherne Latinomusik und wärend ich mich umsehe, schaue ich in viele, müde, indigene Gesichter. Die Menschen mit denen ich mir das Colectivo (eine Art Sammeltaxi) teile, wirken arm und schmutzig und ich bin mal wieder, der einzige Weiße oder Gringo, der sich in diese trostlose Gegend verirrt. Hier sieht man keine hellhäutigen Menschen, keine Buisnesstaschen und keinen Glammer, wir sind auf den Weg in eines der "Elendsviertel" von Arequipa, den Wellblechhüttensiedlungen. Rosa, Gustavo, Albero und ich, sitzen halb dösend in einem schon längst überaltetem Gefährt und befinden uns nun schon eine ganze Weile auf staubigen, trockenen Straßen und ich mustere die vorbeiziehenden Eindrücke. Schmutz, unfertig gestellte Häuser, schmutzige Kinder mit zerfilzten Haaren, obwohl Peru sicherlich modern ist, diese Szene spiegelt eine andere Seite der scheinbar glänzenden Medallie einer modernen Großstadt wieder.
"!Bajamos, Bajamos!" Wir sind angekommen und steigen aus. Sofort weht ein, eisiger, trockener Wind in mein Gesicht, wir sind am Fuße das Chachapanivulkanes, einem Ausbenbezirk von Arequipa, dort wo die Armen, die Indigenas, aus dem Hochland siedeln und auf bessere Arbeit und Lebensumstände hoffen.
Sofort fällt mir der Gestank von Hundekacke auf, der sich dezent in meiner Nase befindet und tatsächlich, überall befinden sich Stellen, an denen die vielen, vielen verwilderten Straßenhunde dieses Viertels ihre Notdurft hinterlassen haben. In diesen Straßen spielen Kinder und in diesen Straßen spielt auch die Tollwut, traurige Wahrheit eines Elendviertels mit vielen, größeren Problemen, als die Beseitigung von tollwütigen Straßenhunden.
Heute besuchen wir einige der Kinder und Jugendlichen, zu denen ich hier eine besondere Beziehung habe und mit denen ich mich sehr gut verstehe. Zuerst geht es in das "Haus" von Albero, dem Jungen, den ich ins Krankenhaus begleitet habe und der vor einiger ZEit mit hohem Fieber auf meinem Schoß gelgen war.
Die Wohnsituation ist beklemmend, schmutzig und erschreckend. HIer im Viertel gibt es kein fließend Wasser, nur an einigen ausgewiesenen Stellen und hier auch nur zwischen 4:30 - und 5:00 Uhr am morgen. Ein Wasserhahn genügt in dieser Zeit für ca. 30 Haushalte. Ein unglaublicher Wahnsinn wenn man sich den Luxus von heimischen Leitungswasser vor Augen hält.
Obwohl die Behausung von Albero und seiner Mutter eher zum heulen ist, bin ich gut gelaunt und werde freudig, lachend empfangen. Die Tristes der Armut wird durch die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der Leute um ein vielfaches wieder wet gemacht. Ich werde herzlich empfangen und man beantwortet mir geduldig Fragen zu Wohn- und Lebenssituation.
Wir bleiben nicht lange im Loch das sich eine "Behausung" schimpft und machen uns mit Gustavo auf den Weg zu seinem zuHause.
Dort angekommen werden wir erst einmal von einem freudig, kläffenden Hund begrüßt. Obowhl die Menschen bitter arm sind, es kaum Essen, Wasser oder Strom gibt, in jedem Haushalt findet man mindestens ein Tier und meistens sind es .... Hunde.
Gustavo zeigt sich etwas beschämt angesichts seiner Wohnsituation und dem kleinem Zimmer das er sich mit seiner Mutter und seiner Schwester teilt. Der 15jährige ist mir in letzter Zeit sehr ans Herz gewachsen und ich verstehe mich sher gut mit ihm. Ich überspiele seine peinliche Angegriffenheit durch einige Scherze über das "Badezimmer" ein Loch im Boden, mit zwei Fetzen als Wand (auf einem der Fotos zu sehen) und nachdem wir mächtig über "Kacke" gelacht habe, verfliegt seine Angst und wir können offen und gut über die Wohnsituation sprechen und ich darf sogar einige Fotos machen. Unter anderem, hatte die "Wohnung" von Gustavo für lange Zeit (einige Jahre) keine Haustüre und die Familie musste immer wieder mit Einbrecher rechnen, die selbstgebastelte Sperrholztür mit Plastikstücken, grenzt die Behausung nun aber sicher ab und auch wenn das Ding mit einem Tritt, eingeschlagen wäre, man fühlt sich wohl und sicher.
Die nächste Wohnung die wir besichtigen ist ein kleiner Würfel aus Backsteinen und Wellblech und die angestammte Residenz von der 6jährigen Gloria, ihren 5jährigen Bruder, plus Mama, 4 Hunden und 6 Katzen. Gloria war die letzten Tage krank und ich befürchte schon, das Kind im Fieberwahn zu erleben, aber die geschwächte Heldin begrüßt mich eifrig küssend, an der Papptüre und läd mich ein auf ihrem Bett zu sitzen. Die Mutter ist nicht da, denn die muss arbeiten und beide Kinder sind alleine und sehen Fernseh (der fehlt nämlich nirgendwo). Ich bekomme undefinierte Süßigkeiten aus schmutzigen Tüten von kranken Kinderhänden angeboten und bin höflich und probiere alle Geheimnisse der Wellblechhütten-Haute-Cuisine. Es bringt mich nicht um, aber Begeisterungsstürme löst es bei mir auch nicht aus. Ich möchte noch einige wunderschöne Slumfotos mit Gloria, ihrem Bruder und ein paar Plastikfetzen schießen, doch in diesem Moment gibt meine Kamera den Geist auf und der Akku ist leer. Naja, so ist das eben, was hab ich schon für Probleme !
Wir verabschieden und herzlich, es wird noch einmal heftig geküsst und wir stapfen durch Staub, Hundekacke und verfolgt von wilden Hundemeuten wieder zurück und warten auf das nächste Colectivo in die Stadt. Obwohl mich die Bilder noch etwas verfolgen und beschäftigen, bin ich nicht traurig sondern fühle mich glücklich und beschenkt mit diesem Tag. Es ist schwer zu erklären wieso ich gerade in diesem Moment unglaublich glücklich bin, bei Angesicht von bitterer Armut und Dreck. Aber ich fühle mich wohl umringt von Peruanern, munter schwatzend. Ich fühle mich wohl im Staub der Straßen und beim freundlichen Grüßen der Menschen denen ich begegne. Ich bin glücklich etwas für diejenigen zu tun, denen es nicht so gut geht wie mir und ich bin glücklich zu wissen, das die Menschen trotz aller Probleme und trotz aller Armut, für jeden ein Lächeln auf den Lippen haben. So steige ich wieder ein in einen verbeulten Kleinbus und eine metallische Latinostimme, rappt, spanischen HipHop aus verbeulten Boxen und wir holpern davon auf einem staubigen Weg, hinunter in die weiße Stadt und wir kichern und Scherzen und trinken CocaCola. Was für ein Tag
Ich hoffe es geht euch gut
Euer Jens
(auf den folgenden Fotos, seht ihr die Behausungen von Albero und Gustavo, unter anderem könnt ihr vieleicht eine Küche, ein Badezimmer, einen Entenstall und ein Bett erkennen, viel Spaß beim raten !)