Buenos Dias
Heute waren wir mit Maritè (einer Lehrerin vom Hogar) traditionell peruanisch essen. Dazu sind wir in nen noblen Stadtteil von Arequipa gefahren der mit seinen engen Gassen und Strassen und den schoenen alten Kolonialhaeusern ins Auge gefallen ist.
Als die Speissekarte dann gekommen ist war fuer uns alle schnell klar, Cuy soll es heute fuer uns sein. Also wurde fuer jeden ein Meerschweinchen, das typische peruanische Essen bestellt. Wenig spaeter kam dann auch das ganze Schwein. Frittiert und mit Kartoffeln, Salat und Mais als Beilage gereicht, ist der erste Anblick doch eher grotesk. Es hat mir schon irgendwie sehr leid getan wie es da vor mir lag das arme Schweinchen, aber die knusprige Haut und das zarte Fleisch hat schnell fuer sich gesprochen. Alles in allem ein gar koestliches Abenteuer. Man isst mit den Haenden, zerrt und zieht und rupft das arme Ding auseinander und stopft sich kleine Fuesschen und Haendchen in den lustvoll schmatzenden Mund !
Allerdings wird die Meersau traditionell fast komplett gegessen, nur die groesseren Knochen werden nicht verspeisst aber selbst der Schaedel wird geknackt, das Gehirn geschluerft und die Augaepfel geknuspert. Auch Herz, Niere und Leber befinden sich noch unter der knusprigen Haut und alles in allem ist es bei naeherer Betrachtung doch ein recht gewoehnungsbeduerftiges Essen.
Mir war die Haut irgendwie sehr zaeh (obwohl knusprig) und das Knacken der Schaendel in der Nachbarrunde haben mir den Appetitt auch etwas verdorben. Alles in allem hat es mir hinterher doch sehr leid um das arme Tier getan und ich haette es wohl lieber zum streicheln auf den Schoss gesetzt. Nun ja gut, ich habe ein Meerschein gegessen, gut hats geschmeckt, aber ich denke ich kann mich doch wieder mit ruhigem Gewissen in den Vegetarismus werfen.
Im uebrigen, es gilt als gute Sitte in Peru den Schaedel zu oeffnen, einen kleinen Knochen zu suchen der wie ein Fuchs aussehen soll und ihn anschliessend mit einem kraeftigen Schluck Bier hinunterzuschlucken. BAEH! Mir kann der Brauch gestohlen bleiben.
Alles in allem ist es sehr schwierig den leuten hier zu erklaeren warum man kein Fleisch essen mag. Tierliebe ist hier nicht unbedingt bekannt und da Fleishc etwas seltenes ist und Tiere ja keine Menschen sind, ist die Einstellung grundlegend nicht verstanden. Man wird nett belaechelt wenn man sagt man waere Vegetarier aber im Grunde haelt einen einjeder hier fuer Bescheuert. Auch ist mein Spanisch noch nicht ganz so flott und schlagfertig um den Tieferen Sinn dieser Einstellung gut zu erklaeren.
Gestern war dann noch Kommunion und ich musste in die kirche. War ueberaus langweilig weil ich wenig verstanden habe und das was ich verstanden habe hat mir wieder die Wutschnurr hochgehen lassen. Ich weiss warum ich mich von der Kirche abgewandt habe und kleine wie Braeute oder Sahnetorte verkleidete Kinder die einen Ring an der Hand des Pfarrers kuessen, stimmen mich da nicht unbedingt um.
Allerdings war es gestern auch interessant weil ich viel ueber die Kinder erfahren habe und mir meine Bedeutung als Freiwilliger etwas besser bewusst geworden ist. Die wenigsten kinder hier haben einen Vater, da die meisten Saufen, die mutter verschlagen und frueher oder spaeter abgehauen sind. Darum wir man hier als maennlicher Voluntario glaube ich besonders geschaetzt und die Kinder haengen schon sehr an einem. Allerdings muss ich da selbst fuer mich noch nen richtigen Weg zwischen Zuneigung und Distanz finden. Die Kinder geben einen unheimlich schnell unheimlich viel und sind sehr anhaenglich. Das ist dann gar nicht immer so einfach.
Unter anderem waren gestern bei der Feier fast nur Frauen. Junge Mueter oder soll ich besser sagen Gebaehrmaschinen mit aengstlichen, indigenen Gesichtern und schmutzigen Festtagskleidern. Aermlich wirkende Gestalten die ein eigenes unabhaengiges Leben nie verwirklichen konnten. Eine Mutter spricht fast nicht und bei naeherem Betrachten weiss man warum. Der komplette Oberkoeper ist verbrannt, die Frau ist noch nicht einmal 30. In einem Streit wurde sie vom betrunkenen Machomann mit kochendem Wasser uebergossen.
Einige der Kinder haben gar keine Eltern. Sie wohnen bei Grosseltern weil die Muetter neue Partner und neue Familien gefunden haben und die alten Kinder dort nicht erwuenscht sind. Alles in allem sind die Geschichten doch sehr hart und traurig und man versteht warum die Kinder die Zuneigung der Mitarbeiter im Hogar brauchen.
Heute abend gehen wir noch tanzen
Ich wuensch euch was
Hasta pronto
Saludos
Jens